OLG Frankfurt vom 07.10.1999 (5 WF 60/99)

Stichworte: PKH, Sorgerechtsentscheidung, Fortgeltung, neues Recht, Abänderung
Normenkette: BGB 1672 a. F., 1671 n. F., 1696
Orientierungssatz: Es kann dahinstehen, ob eine Sorgerechtsentscheidung, die unter der Geltung des § 1672 a. F. BGB ausdrücklich für die Dauer des Getrenntlebens der Parteien getroffen worden ist, einer Neuentscheidung nach § 1671 n. F. nachdem die Parteien geschieden sind, entgegensteht (vgl. Motzer FamRZ 1999, 1101, 1105.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 5. Senat für Familiensachen des 0berlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Wiesbaden vom 03.02.1999 (Nichtabhilfe vom 11.03.1999) am 07.10.1999 beschlossen:

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Über das Prozeßkostenhilfegesuch ist unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§§ 1, 11 GKG i. V. m. Nr. 1952 KV, § 127 Abs. 4 ZPO).

G r ü n d e :

Die Antragstellerin hat um Prozeßkostenhilfe nachgesucht für einen Sorgerechtsantrag, mit dem sie die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge des gemeinsamen minderjährigen Kindes P. O., geboren am 13.07.1991, nachdem die Parteien durch Urteil eines russischen Gerichtes am 27.07.1998 geschieden worden ist, anstrebt, obwohl ihr bereits durch Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Wiesbaden vom 03.01.1997 gemäß § 1672 a. F. BGB die elterliche Sorge für das vorgenannte Kind für die Dauer des Getrenntlebens der Eltern übertragen worden ist.

Das Amtsgericht - Familiengericht - Wiesbaden hat mit Beschluß vom 03.02.1999 der Antragstellerin die nachgesuchte Prozeßkostenhilfe mit der Begründung versagt, für ihren Antrag fehle das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, da ihr durch Beschluß vom 03.01.1997 bereits die elterliche Sorge für die Dauer des Getrenntlebens übertragen worden sei und nach Inkrafttreten des Kindschaftsrechtsreformgesetzes ab 01.07.1998 eine obligatorische Sorgerechtsentscheidung für die Zeit nach Scheidung der Ehe der Parteien nicht mehr erforderlich sei und mithin der Sorgerechtsbeschluß vom 03.01.1997 auch für die Zeit nach Rechtskraft der Ehescheidung fortgelte.

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde, der das Amtsgericht - Familiengericht - Wiesbaden unter dem 11.03.1999 nicht abgeholfen hat.

Diese gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige Beschwerde ist in der Sache begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung mit der Maßgabe, daß der Antragstellerin die nachgesuchte Prozeßkostenhilfe nicht wegen fehlender Erfolgsaussicht ihres Sorgerechtsantrages zu versagen ist.

Es kann dahinstehen, ob eine Sorgerechtsentscheidung, die unter der Geltung des § 1672 a. F. BGB ausdrücklich für die Dauer des Getrenntlebens der Parteien getroffen worden ist, einer Neuentscheidung nach § 1671 n. F. nachdem die Parteien geschieden sind, entgegensteht (vgl. Motzer FamRZ 1999, 1101, 1105). Denn der Antragsgegner hat im Beschwerdeverfahren unbestritten behauptet, daß das Sorgerecht für den gemeinsamen minderjährigen Sohn durch Scheidungsurteil des russischen Gerichtes vom 27.07.1998 auf ihn übertragen worden ist.

Bei dieser Sachlage konnte der Antragstellerin die nach § 114 ZPO erforderliche Erfolgsaussicht zur Bewilligung der Prozeßkostenhilfe für ihren Sorgerechtsantrag, der gegebenenfalls als ein Abänderungsantrag nach § 1696 BGB zu fassen ist, nicht versagt werden.

Zu prüfen bleibt allerdings, ob die Antragstellerin auch die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe erfüllt. Insoweit ist jedoch die Prüfung und Entscheidung dem Amtsgericht vorzubehalten.

Meinecke Held Schweitzer