OLG Frankfurt vom 02.08.2004 (5 WF 108/04)

Stichworte: Verfahrenspfleger, Vergütung, Freiraum Verfahrenspfleger, Erweiterung des Aufgabenkreises, Vergütung
Normenkette: BGB 1836, FGG 50 FGG 50, BGB 1836
Orientierungssatz: Dem Verfahrenspfleger ist ein gewisser Freiraum zuzugestehen, wie und in welchem Umfang er tätig wird; dabei ist zu berücksichtigen, ob das Gericht von dem Verfahrenspfleger zusätzliche Tätigkeiten erwartet. Insoweit steht dem Verfahrenspfleger für die "Erweiterung" des Aufgabenkreises auch eine Vergütung zu.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 5. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde der Rechtsanwältin XYZ gegen den Beschluss des Rechtspflegers des Amtsgerichts -Familiengericht- Offenbach vom 13.04.2004 am 02.08.2004 beschlossen:

Der angefochtene Beschluss wird unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen abgeändert.

Die Vergütung der Verfahrenspflegerin für die Zeit vom 03.02.2003 bis 13.02.2004 wird auf insgesamt 2.133,58 EUR festgesetzt.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die Verfahrenspflegerin erstrebt Erstattung der Vergütung für ihre im Rahmen des beim Amtsgericht anhängigen Verfahrens in der Zeit vom 03.02.2003 bis 13.02.2004 entfaltete Tätigkeit gemäß Rechnung vom 16.02.2004 mit spezifiziertem Tätigkeitsnachweis in Höhe von 2.181,64 EUR inclusive Mehrwertsteuer. Sie macht einen Zeitaufwand von insgesamt 3.460 Minuten ( richtig: 3.450 Minuten ) à 31,00 EUR/Std. sowie Fahrt- und Kopierkosten und Telefonate von insgesamt 93,07 EUR geltend. Im Übrigen wird wegen der Einzelheiten des Tätigkeitsnachweises auf den Schriftsatz der Verfahrenspflegerin vom 16.02.2004 ( Bl. 163 ff d.GA. ) Bezug genommen.

Nach Beteiligung des zuständigen Bezirksrevisors hat der Rechtspfleger der Auffassung des Bezirksrevisors vom 11.03.2004 ( Bl. 166 d.GA. ) folgend Zeitangaben für vorgenommene Tätigkeiten gekürzt bzw. teilweise nicht anerkannt und auch Kopierkosten nur zum Teil anerkannt. Dies geschah, ohne die am 08.04.2004 eingegangene Stellungnahme der Verfahrenspflegerin vom 07.04.2004 zur Stellungnahme des Bezirksrevisors zu beachten. Mit dem Beschluss vom 13.04.2004 wurde lediglich eine Vergütung von 1.658,36 EUR ohne Begründung, warum teilweise Kürzungen bzw. Nichtanerkennung von Zeiten und Kopierkosten vorgenommen wurden, festgesetzt.

Die dagegen erhobene als Beschwerde anzusehende Erinnerung der Verfahrenspflegerin ist zulässig ( §§ 50 Abs. 5, 67 Abs. 3 Satz 3, 56 g Abs. 5, Satz 1 FGG ) und auch teilweise begründet.

Der Verfahrenspflegerin steht die beantragte Vergütung für ihre Tätigkeit vom 03.02.2003 bis zunächst dem 13.02.2004 - das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen - in Höhe von 2.133,58 EUR zu. Es ist zuerst eine Korrektur dahin vorzunehmen, dass die Gesamtzeit der Tätigkeit nicht 3.460 Minuten, sondern 3.450 Minuten beträgt, was auf einen Additionsfehler zurückzuführen ist und keine anderweitige rechtliche Würdigung veranlasst.

Es kann dahingestellt bleiben, ob es Aufgabe des Verfahrenspflegers ist, zwischen den Beteiligten zu vermitteln. Eine solche von dem Bezirksrevisor ohne Angabe von Gründen "vermutete" Tätigkeit hat die Verfahrenspflegerin bestritten. Aus dem Akteninhalt ergibt sich kein Hinweis auf vermittelnde Tätigkeit der Verfahrenspflegerin, so dass der Vermutung des Bezirksrevisors und infolgedessen des Rechtspflegers, der sich der Auffassung des Bezirksrevisors kommentarlos angeschlossen hat, nicht gefolgt werden kann.

Es muss dem Verfahrenspfleger ein gewisser Freiraum zugestanden werden, wie und in welchem Umfang er tätig wird ( vgl. dazu OLG Zweibrücken FamRZ 202, 627; OLG Dresden FamRZ 2003, 877 ff; Senatsbeschluss vom 12.12.2003 zu Az.: 5 WF 118 / 03 -313 F 372 / 02 AG Offenbach am Main- ). Dabei ist weiterhin zu berücksichtigen, ob das Gericht von dem Verfahrenspfleger zusätzliche Tätigkeiten erwartet, wie vorliegend die Kontaktaufnahme zu dem Jugendrichter wegen eines gegen den Jungen eingeleiteten Jugendstrafverfahrens und Gespräche zu führen ( vgl. Aktenvermerk über die Kindesanhörung am 27.03.2003 Seite 2, 4. Absatz -Bl. 55 d.GA.- ). Deshalb steht entsprechend dem Vorbringen der Verfahrenspflegerin über die "Erweiterung" des Aufgabenkreises ihr die Vergütung insoweit zu. Es geht im Übrigen nicht an, dass der Rechtspfleger ohne Weiteres kommentarlos Zeitangaben streicht bzw. kürzt, da er dem Verfahrenspfleger nicht vorschreiben kann, bestimmte, für notwendig gehaltene Gespräche in einer gewissen Zeitspanne zu erledigen bzw. er nicht ohne das exakte Kennen des Sachverhalts bewerten kann, ob diese Gespräche mit beteiligten Personen erforderlich erschienen oder nicht. Wenn Rechtsanwältin Sulzbach-Thum es für notwendig gehalten hat, z. B. am 08.04.2003 mit dem Jugendgericht ein Gespräch von 30 Minuten Dauer zu führen, dann ist nicht nachvollziehbar, warum dafür nur 20 Minuten zu vergüten seien.

Hinsichtlich des Lesens von Fachliteratur (30 Minuten) hat die Verfahrenspflegerin darauf hingewiesen, es sei vorliegend um die Frage gegangen, inwieweit die Kindesmutter durch ihre Erkrankung/psychische Beeinträchtigung noch in der Lage sei, ihre erzieherischen Aufgaben wahrzunehmen, das Lesen von Fachliteratur habe der Information gedient, inwieweit die Auswirkungen der Krankheit das Wohl des Kindes gefährdeten. Danach erscheint auch diese Tätigkeit zur Wahrnehmung des Kindesinteresses angebracht.

Zu folgen ist allerdings der Ansicht, dass es nicht zu den Aufgaben der Verfahrenspflegerin gehört, die Betreuerin der Kindesmutter zu unterrichten und dieser Kopien zu übersenden. Danach sind entsprechend den Angaben des Bezirksrevisors 40 und 30 Minuten = 70 Minuten und 18 Kopien und 3 EUR Porto nicht zu berücksichtigen.

Es ergeben sich dann 3450 - 70 Minuten = 3380 Minuten = 56,33 Stunden als zu vergütende Zeit x 31 EUR=1.746,23 EUR

Nach der Aufstellung wurden insgesamt 82 Kopien gefertigt (35 + 19 + 28). Es wurden nur 61 in Rechnung gestellt, so dass es bei den 9,45 EUR verbleiben kann (Portokosten sind nicht angesetzt).

Telefon- und Fahrtkosten 83,62 EUR

1.839,30 EUR

Mehrwertsteuer 16 % =294,28 EUR

2.133,58 EUR

Die Kostenentscheidung folgt aus § 13 a Abs. 1 FGG

Dr. Hartleib Held Meinecke