OLG Frankfurt vom 28.10.1999 (28 VA 2/98)

Stichworte: Anerkennung, Familienrechtsänderungsgesetz, ausländisches Scheidungsurteil, Fälschung, Nachweis
Normenkette: FamRÄG Art. 7 Par. 1 Abs. 1 und 2, ZPO 438
Orientierungssatz: Der Nachweis der fehlenden Echtheit der Urkunde wird durch den Legalisationsvermerk nicht ausgeschlossen (Stein/Jonas -Leipold, ZPO, 20. Aufl. § 438 Rdnr. 9).

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In dem Verfahren auf Nachprüfung der Ablehnung der Anerkennung eines ausländischen Ehescheidungsurteils

an dem beteiligt sind:

1....

2....

3. das Hessische Ministerium der Justiz in Wiesbaden, vertreten durch den Generalstaatsanwalt bei dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Friedrich-Ebert- Anlage 35, 60327 Frankfurt am Main (50 E/2 - 127/98),

hat der 28. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf den Antrag des Beteiligten zu 1) auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid der Präsidentin des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (Verwaltungsbehörde) vom 11.08.1998 am 28.10.1999 beschlossen:

Der Antrag des Beteiligten zu 1) auf gerichtliche Entscheidung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des gerichtlichen Verfahrens vor dem Oberlandesgericht werden dem Beteiligten zu 1) auferlegt; die Gerichtsgebühr wird auf 300,00 DM festgesetzt. Der Beteiligte zu 1) hat die der Beteiligten zu 2) in dem gerichtlichen Verfahren entstandenen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

G r ü n d e :

Die Parteien (deutsche Staatsangehörige) haben am 07.10.1982 in Braunfels geheiratet. Ihren letzten gemeinsamen Wohnsitz unterhielten sie in Santo Domingo in der Dominikanischen Republik. Mit Urteil vom 03.12.1996 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Frankfurt am Main auf den Antrag der Beteiligten zu 2) die Ehe der Parteien geschieden, obwohl der Beteiligte zu 1), der zwischenzeitlich in der Dominikanischen Republik wieder geheiratet hatte und derzeit in Venezuela lebt, unter Vorlage eines Scheidungsurteils der Kammer für Zivil- und Handelssachen des 5. Verwaltungsbezirks Santo Domingo, Dominikanische Republik, vom 25.03.1993, Nr. 2324 mit Legalisationsvermerk und darüber hinaus legalisiertem standesamtlichen Registerauszugs behauptet hatte, schon rechtskräftig geschieden zu sein. Über die von dem Beteiligten zu 1) gegen dieses Urteil eingelegte Berufung ist noch nicht entschieden.

Den Antrag des Beteiligten zu 1) auf Anerkennung der ausländischen Ehescheidung gemäß Art. 7 § 1 Abs. 1 und 2 Familienrechtsänderungsgesetz (FamRG) hat die Präsidentin des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Bescheid vom 11.08.1998 zurückgewiesen. Sie hat diese Entscheidung damit begründet, daß nach den durchgeführten Ermittlungen davon ausgegangen werde, daß das zur Anerkennung vorgelegte Scheidungsurteil eine Fälschung sei. Diese Einschätzung begründet die Präsidentin des Oberlandesgerichts wie folgt:

"Jedoch steht aufgrund der von Amts wegen angestellten weiteren Ermittlungen fest, daß die zur Anerkennung vorgelegte Urkunde des Scheidungsurteils nicht echt ist. Unecht ist eine Urkunde, wenn sie nicht von derjenigen Person stammt, von der sie ausweislich des Urkundeninhalts herrühren soll. Der Nachweis der fehlenden Echtheit der Urkunde wird durch den Legalisationsvermerk nicht ausgeschlossen (Stein/Jonas -Leipold, ZPO, 20. Aufl. § 438 Rdnr. 9).

Die Ermittlungen haben das Beweisergebnis, von dem das Amtsgericht - Familiengericht - Frankfurt am Main im Scheidungsverfahren der Beteiligten ausgegangen ist, bestätigt. Nach Einschaltung eines Vertrauensanwalts der deutschen Botschaft in der Dominikanischen Republik, der den Sachverhalt vor Ort überprüft hat, ist davon auszugehen, daß es in den Archiven des Gerichts, von dem das Scheidungsurteil herrühren soll, ein solches Urteil mit dem angegebenen Aktenzeichen Nr. 2324 nicht gibt. Zwar existiert ein Verfahren mit diesem Aktenzeichen; dieses bezieht sich jedoch nicht auf ein Scheidungsverfahren der Beteiligten, sondern auf einen anderen zivilgerichtlichen Rechtsstreit anderer Personen. Die Ermittlungen haben weiter ergeben, daß die Rechtsanwältin Dr. Lucrecia Rodriguez Ramirez, die im Scheidungsurteil als Anwältin der Beteiligten zu 2. aufgeführt ist, nach eigener Aussage nie als Anwältin für die Beteiligte zu 2. gearbeitet hat, noch Kenntnis von einem Scheidungsverfahren der Beteiligten hat.

Hinzu kommt, daß nach den schon vom Amtsgericht erhobenen Beweisen davon auszugehen ist, daß nach einer eidesstattlichen Erklärung des Richters Dr. M. M. Perez Medina dieses Scheidungsurteil, das von ihm gefällt und unterschrieben worden sein soll, tatsächlich nicht von ihm ausgesprochen wurde. Danach ist davon auszugehen, daß das vorgelegte Scheidungsurteil gefälscht ist; umgekehrt läßt sich nicht die erforderliche Feststellung treffen, daß das von dem Beteiligten zu 1. zur Anerkennung vorgelegte Scheidungsurteil echt ist.

Dieser Beweis kann auch nicht dadurch geführt werden, daß in dem beim obersten Wahlausschuß der Stadt Santo Domingo geführten Scheidungsregister unter der Nr. 2525, Buch 762, Blatt 112 eine Urkunde über die Scheidung der Beteiligten am

25. März/19. August 1993 durch die Kammer für Zivil- und Handelssachen des 5. Verwaltungsbezirks registriert ist. Diese Eintragungen beweisen allenfalls, daß das jetzt zur Anerkennung vorgelegte Urteil auch dort zur Eintragung in das Register vorgelegt worden ist. Daraus läßt sich jedoch nicht einmal indiziell ein Hinweis auf die Echtheit dieses Urteils verbinden. Deshalb geben auch die vorgelegten Registerauszüge keine Veranlassung zu weitergehenden Ermittlungen. Denn die Pflicht zur Ermittlung von Amts wegen hat ihre Grenze dort, wo von weiteren Ermittlungen ein sachdienliches, die Entscheidung beeinflussendes Ergebnis nicht mehr zu erwarten ist.

Nach den durchgeführten Ermittlungen steht fest, daß jedenfalls das zur Anerkennung vorgelegte Ehescheidungsurteil nicht echt ist. Da damit eine ordnungsgemäße und wirksame Ehescheidung nicht nachgewiesen ist, war der Antrag des Beteiligten zu 1. auf Anerkennung des Urteils als unbegründet zurückzuweisen und dem Antrag der Beteiligten zu 2. stattzugeben."

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig (Art. 7 § 1 Abs. 4 FamRÄndG), er hat jedoch keinen Erfolg, weil die Entscheidung der Verwaltungsbehörde zu bestätigen war. Der Senat macht sich die Einschätzung der Präsidentin des Oberlandesgerichts zu eigen. Der Beteiligte zu 1) hat in dem gerichtlichen Verfahren nicht vorgetragen, welche beachtlichen Gründe gegen die Einschätzung der Verwaltungsbehörde sprechen könnten. Der Senat sieht keinen Anlaß zu weiterer Sachaufklärung. Das mit Schriftsatz vom 13.10.1999 eingereichte Urteil stimmt zunächst einschließlich der Vermerke mit der mit Schriftsatz vom 16.04.1999 eingreichten Unterlage überein. Es fällt jedoch auf, daß am Ende des Schriftstücks im Gegensatz zu dem früheren und auch mit dem Antrag vom11.09.1997 eingereichten Urteil erstmals der Name Dr. Manlio Perez Medina mit dem Zusatz Juez Presidente maschinenschriftlich angebracht ist, und zwar neben dem Namen des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle und nicht in der Höhe, in der die Unterzeichnung vermerkt ist. Auf dem unter dem 16.04.1999 eingereichten Schriftstück wird bestätigt, daß die Kopie mit dem Original in dem Buch Nr. 762, Bl. 112 - 114 Akte 2525 übereinstimmt, also der standesamtlichen Akte. Dieser Vermerk befindet sich auch auf dem zuletzt vorgelegten Schriftstück. In der darauf angebrachten zusätzlichen Bestätigung wird ausgeführt, daß dieses eine Kopie des Originals ist - also der standesamtlichen Akte - und das Original nicht unterschrieben ist. Das Schreiben der Mutter des Beteiligten zu 1 ist für den Sachverhalt ohne Bedeutung. Der "vor einiger Zeit" erfolgte Hinweis der jetzigen Ehefrau des Beteiligten zu 1) (Schriftsatz vom 22.06.1999, S. 2), sie habe mit dem Richter gesprochen, der das Scheidungsurteil in der Dominikanischen Republik gefällt habe, dieser sei bereit, auf gerichtliche Anforderung eine entsprechende Bestätigung zu übersenden, bietet angesichts der ermittelten Umstände ebenfalls keinen genügenden Anlaß zu weiterer Aufklärung: Das betreffende Urteil, kann nicht dasjenige sein, dessen Anerkennung begehrt wird. Das Aktenzeichen betrifft einen völlig anderen Zivilrechtsfall (Winston Hugo Fernandez Terrero ./. Miguel Meran Cabral). Der Antragsteller ist im übrigen auch nicht der Darstellung der Antragsgegnerin entgegengetreten, der Richter habe der Zeitung u. a. erklärt, daß er diese Scheidung nicht kenne und er sie nicht unterschrieben habe.

Die Entscheidung über die gerichtlichen Kosten des Verfahrens vor dem Oberlandesgericht beruht auf §§ 2 Abs. 2 S. 1, 2 FamRÄndG, 131 KostO (OLG Celle, NJW 63, 2235). Der Senat hält es für angemessen anzuordnen, daß der Antragsteller die der Antragsgegnerin in dem gerichtlichen Verfahren entstandenen außergerichtlichen Auslagen zu tragen hat (§ 13 a Abs. FGG).

Dr. Hartleib Meinecke Held