OLG Frankfurt vom 21.12.1999 (1 WF 221/99)

Stichworte: Verfahrenspfleger, Bestellung, Notwendigkeit Verfahrenspfleger, Bestellung, Anfechtbarkeit vorläufige Anordnung, Außerkrafttreten
Normenkette: FGG 50, 20, 16 Abs. 1
Orientierungssatz: Zur Zulässigkeit der Beschwerde gegen die Bestellung eines Verfahrenspflegers (hier bejaht); zum Beurteilungsspielraum bei der Auswahl der Person des Verfahrenspflegers. Bei der Frage, ob das Kind von seinen Eltern getrennt werden soll, liegt ein Regelfall für die notwendige Bestellung eines Verfahrenspflegers vor. Zum Außerkrafttreten einer vorläufigen Anordnung.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerden der Eltern gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts - Familiengerichts - Frankfurt am Main vom 02.07., 14.07. und 23.08.1999 am 21. 12. 1999 beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen, soweit sie gegen die Bestellung von Rechtsanwältin Z. als Verfahrenspflegerin für die minderjährige F. R. gerichtet ist.

Das Verfahren über die Beschwerde gegen den ersten der am 23. 08. 1999 verkündeten Beschlüsse (Seite 2 unten, S. 3 oben des Protokolls vom 23. 8. 99) wird mit dem Beschwerdeverfahren 1 UF 248/99 - Beschwerde vom 22. 9. 99 gegen den Beschluß vom 3. 9. 99 - verbunden.

Im übrigen haben sich die Beschwerdeverfahren erledigt.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei.

Beschwerdewert: 6.000,-- DM.

G r ü n d e :

Soweit sich die Beschwerde gegen die Bestellung der Verfahrenspflegerin für die Minderjährige richtet (Beschluß vom 14.07.1999 unter d) in Verbindung mit dem Beschluß vom 02.07.1999), ist die Beschwerde zulässig. Ob die Bestellung eines Verfahrenspflegers nach § 50 FGG für ein Kind von den Eltern mit der Beschwerde angefochten werden kann, ist in der Rechtsprechung und Literatur umstritten (für die Zulässigkeit der Beschwerde OLG München FamRZ 1999 Seite 667; OLG Frankfurt am Main, 6. Senat für Familiensachen FamRZ 1999 Seite 1293; Familienrechtsreformkommentar/Maurer § 50 FGG RdNr. 35; gegen die Zulässigkeit der Beschwerde OLG Celle FamRZ 1999 Seite 1589; Keidel-Engelhardt FGG 14. Auflage 1999 § 50 RdNr. 26). Der Senat schließt sich der erstgenannten Auffassung an. Die Beschwerdeberechtigung der sorgeberechtigten Eltern folgt aus § 20 FGG, da durch die Verfahrenspflegerbestellung in das Sorgerecht eingegriffen wird. Dem Oberlandesgericht Celle (aaO) ist darin zuzustimmen, daß die Bestellung eines Verfahrenspflegers keinen schwerwiegenden Eingriff in ihre Rechtsstellung darstellt. Auf die Intensität des Eingriffs stellt § 20 FGG indessen nicht ab. Zum Ausschluß eines Beschwerderechts trotz eines Eingriffs in die Rechtsstellung der Eltern hätte es einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedurft. Der vom OLG Celle befürchteten Gefahr einer Verfahrensverzögerung kann in eilbedürftigen Fällen dadurch begegnet werden, daß das erstinstanzliche Gericht Duploakten anlegt und das Verfahren weiter betreibt, während das Beschwerdeverfahren beim Beschwerdegericht anhängig ist.

Allerdings ist dem Amtsgericht, das einen Verfahrenspfleger bestellt, sowohl hinsichtlich der Anordnung der Pflegerbestellung als auch hinsichtlich der Auswahl des Verfahrenspflegers ein Beurteilungsspielraum zuzubilligen, der es verbietet, die Anordnung einer Pflegerbestellung und die Auswahl des Pflegers im Beschwerdeverfahren abzuändern, wenn diese Entscheidungen sich im gesetzlichen Rahmen halten.

Unter Anlegung dieser Maßstäbe ist die Beschwerde gegen die Bestellung einer Verfahrenspflegerin unbegründet. Da Gegenstand des Verfahrens die Frage einer Trennung der Minderjährigen von den Eltern ist, liegt ein Regelfall vor, in dem ein Pfleger grundsätzlich zu bestellen ist, wenn nicht besondere Umstände dagegen sprechen (§ 50 Abs. 2 Nr. 2 FGG). Solche Umstände liegen offensichtlich nicht vor. Auch gegen die Auswahl der Verfahrenspflegerin sind Bedenken nicht ersichtlich.

Im übrigen haben sich die Beschwerden erledigt, mit Ausnahme der Beschwerde gegen den ersten der beiden Beschlüsse vom 23. 8. 99 (Anordnung einer Ergänzungspflegschaft). Soweit sich die Beschwerde gegen die Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts im Wege der vorläufigen Anordnung (Beschluß vom 02.07.1999), gegen die Verbleibensanordnung (Beschluß vom 14.07.1999 unter a), bestätigt durch Beschluß vom 23.08.1999 Ziff. I), und gegen die vorläufige Regelung des persönlichen Umgangs der Eltern mit der Minderjährigen (Beschluß vom 23.08.1999 unter II) richtet, waren die Beschwerden zum Zeitpunkt der Einlegung (08.07.1999 bzw. 03.09.1999) zulässig, da die genannten im Wege vorläufiger Anordnungen ergangenen Entscheidungen zu diesem Zeitpunkt noch wirksam waren. Mit Bekanntgabe der Hauptsacheentscheidung vom 03.09.1999 an die Beteiligten ist diese jedoch wirksam geworden (§ 16 Abs. 1 FGG) mit der Folge, daß die im Hauptsacheverfahren zuvor ergangenen vorläufigen Anordnungen gegenstandslos geworden sind. Die Wirksamkeit vorläufiger Anordnungen in isolierten Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist zeitlich begrenzt bis zur Wirksamkeit der in der Hauptsache ergehenden Entscheidung. Über die Rechtmäßigkeit der in der Hauptsache ergangenen Entscheidung vom 03.01.1999 wird der Senat bei der Entscheidung über die hiergegen eingelegte Beschwerde der Eltern von 22.09.1999 zu befinden haben.

Soweit im zweiten Beschluß vom 23.08.1999 unter III die Einwilligung der Eltern zur kieferorthopädischen Behandlung oder Operation der Minderjährigen familiengerichtlich ersetzt worden ist, ist dieser Teil der Entscheidung ersichtlich nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens. Dies ergibt sich aus der Erläuterung des Umfangs der Beschwerdeangriffe im Schriftsatz vom 22.11.1999.

Soweit das Amtsgericht durch einen weiteren Beschluß vom 23.08.1999 Ergänzungspflegschaft hinsichtlich der im Zusammenhang mit dem Ermittlungsverfahren gegen Herrn P. abzugebenden Erklärungen angeordnet hat, handelt es sich der Sache nach nicht um eine vorläufige Anordnung, sondern um eine endgültige Entscheidung, mit der die elterliche Sorge beschränkt worden ist. Es ist sachgerecht, darüber zusammen mit der Entscheidung über die Beschwerde vom 22.09.1999 gegen die weitere Hauptsacheentscheidung vom 03.09.1999 zu befinden.

Die Entscheidung über die Gerichtskosten folgt aus § 131 Abs. 3 KostO.

Eine Entscheidung über außergerichtliche Kosten war nicht angezeigt, da sich andere Beteiligte als die Beschwerdeführerin nicht am Beschwerdeverfahren beteiligt haben ( Keidel-Zimmermann aaO § 13 a RdNr. 16).

Die Wertfestsetzung folgt aus § 30 KostO. Sie beinhaltet Teilwerte von jeweils 2.000,-- DM für die vorläufigen Anordnungen
BR a) zum Aufenthaltsbestimmungsrecht und der damit im Zusammenhang stehenden Verbleibensanordnung
BR b) zum Umgangsrecht
BR c) sowie für die Beschwerde gegen die Verfahrenspflegerbestellung.

Dabei orientiert sich die Wertfestsetzung daran, daß es sämtlich um Regelungen zeitlich beschränkt für die Dauer des Verfahrens ging.

Dr. Eschweiler Michalik Noll